Juni 2023

Bei 135.440 gesetzlich versicherten Patient:innen ist in Deutschland 2022 zum ersten Mal eine Lyme-Borreliose diagnostiziert worden. Die zeckenübertragene Infektion kommt bundesweit vor – regional bestehen aber deutliche Unterschiede beim Übertragungsrisiko. In den aktuell vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) ausgewerteten kassenärztlichen Abrechnungsdaten der Jahre 2021 und 2022 zeigten sich die höchsten Erkrankungsinzidenzen in Ostdeutschland und Bayern. So variierte die Anzahl neu diagnostizierter Borreliose-Fälle zwischen 121 in Berlin und 370 je 100.000 Versicherten in Sachsen. Die höchsten Werte waren in allen ostdeutschen Bundesländern Thüringen (306), Brandenburg (268), Sachsen-Anhalt (256) und Mecklenburg-Vorpommern (240) sowie in Bayern (275) zu verzeichnen.

Mit einer bundesweiten Häufigkeit von 203 neu diagnostizierten Borreliose-Fällen je 100.000 gesetzlich Versicherten ist die Zahl der inzidenten Patient:innen 2022 im Vergleich zum Vorjahr (220 je 100.000 Versicherten) um 8 Prozent gesunken. Die entsprechenden Werte gingen in allen Regionen der Kassenärztlichen Vereinigungen zurück – wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß. Die stärksten Rückgänge waren in den drei ostdeutschen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern (-19 Prozent), Thüringen (-17 Prozent) und Sachsen-Anhalt (-15 Prozent) zu verzeichnen. Fluktuationen der Borreliose-Inzidenz zwischen aufeinanderfolgenden Jahren treten häufig auf. Im Zeitraum 2013 bis 2022 variierte die Anzahl an Neuerkrankungen je 100.000 Personen zwischen 223 (2013) und 203 (2022). Der bisherige Höchstwert der letzten Jahre wurde im zweiten Jahr der Corona-Pandemie 2020 erreicht, mit insgesamt 241 Neuerkrankungen je 100.000 Versicherten.

„Auch wenn die Einflussfaktoren auf die Inzidenz der Lyme-Borreliose vielschichtig sind, ist zu beobachten, dass klimatische Bedingungen wie mildere Winter und wärmere, feuchtere Frühjahr- bis Herbstperioden zu einem Anstieg der Infektions- und Erkrankungsinzidenz in bestimmten kleinräumigen Regionen führen können. Die klimatischen Einflussfaktoren verlängern den Zeitraum der Zeckenaktivität und -dichte und erhöhen damit die Kontakthäufigkeit zwischen Menschen und Zecken. Ein verändertes Freizeitverhalten der Menschen während der Mobilitätseinschränkungen in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 könnte ein weiterer Faktor sein, der zur Erklärung der im Vergleich zu den vorpandemischen Jahren deutlich erhöhten Borreliose-Infektionszahlen beiträgt. Vorbeugender Gesundheitsschutz wird damit immer wichtiger. Unsere aktuellen Auswertungen zur Borreliose-Verbreitung in Deutschland bilden eine valide Grundlage für Präventionsmaßnamen, mit denen das Infektionsrisiko reduziert werden kann“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.

Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragbare Infektionskrankheit in Europa. Verursacht wird die Krankheit durch Bakterien des Genus Borrelia. Mäuse und Vögel sind das Haupterregerreservoir. Übertragen wird der Erreger in Europa durch den Stich der Zecke Ixodes ricinus. Die Krankheit kann verschiedene Organsysteme betreffen, insbesondere die Haut, das Nervensystem und die Gelenke. Die klinischen Manifestationsformen der Erkrankung variieren zwischen leichten Formen wie Erythema migrans (auch bekannt als Wanderröte) bis hin zu schweren Verläufen wie Meningitis (Hirnhautentzündung). Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Bisher gibt es keine zugelassene Schutzimpfung in Deutschland.
 

Bildunterschrift:
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi):
Anzahl der Patient:innen mit einer neu diagnostizierten Borreliose je 100.000 gesetzlich Versicherter im Jahr 2022 (prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr 2021 sind in den jeweiligen KV-Regionen eingetragen)

Datenbasis:
Vertragsärztliche Abrechnungsdaten 2021-2022
Die Erfassung von Borreliose-Neuerkrankungen erfolgte in der Population vertragsärztlicher Patient:innen, die in einem Mindestzeitraum von vier Jahren, d. h. im Berichtsjahr und in mindestens drei Vorjahren, beobachtbar waren. Patient:innen galten als neuerkrankt, wenn sie nach einem diagnosefreien Zeitraum von drei Jahren erstmalig im Berichtsjahr mindestens eine gesicherte Diagnose A69.2 (ICD-10-GM) erhalten haben.

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