Entwicklung eines Tools zur Messung von Indikationsqualität in Routinedaten und Identifikation von Handlungsbedarfen und -strategien
Projektbeschreibung
Das Projekt IndiQ („Entwicklung eines Tools zur Messung von Indikationsqualität in Routinedaten und Identifikation von Handlungsbedarfen und -strategien“) verfolgte das Ziel. Auf Basis von GKV-Routinedaten ein Monitoring-Instrument zur systematischen Erfassung unangemessener Indikationsstellungen im deutschen Gesundheitssystem zu entwickeln.
Methodik
Anhand einer systematischen Literaturrecherche wurden international publizierte Indikatoren identifiziert, die zur Messung von potentiell unangemessener Versorgung (low-value care) in Abrechnungsdaten herangezogen wurden. Diese Indikatoren wurden auf ihre Eignung zur Messung von low-value care in deutschen Abrechnungsdaten geprüft.
In Zusammenarbeit mit dem Expertenbeirat aus der AGENS (Arbeitsgruppe Erhebung und Nutzung von Sekundärdaten), der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) und 52 medizinischen Fachgesellschaften wurden für die Indikatoren eine sensitive und eine spezifische Definition ausgearbeitet. Die Sensitive Definition schließt möglichst viele relevante Fälle ein (breite Operationalisierung). Die Spezifische Definition schließt möglichst viele nicht-relevante Fälle aus (enge Operationalisierung).
Ergebnisse
Von ursprünglich 123 in der systematischen Recherche identifizierten Indikatoren wurden 42 als potenziell messbar eingestuft. Im Delphi-Panel wurden 24 der 42 Indikatoren als messbar bestätigt. Diese 24 Indikatoren decken etwa 20 % der in der Literatur identifizierten Indikatoren ab.
Die Indikatoren wurden in den Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse (TK) und in Abrechnungsdaten der KVen berechnet. Innerhalb der TK-Daten wurden von den insgesamt 10,6 Millionen untersuchten erbrachten Leistungen (Fällen) pro Jahr durchschnittlich 1,1 Millionen Fälle (10,4 %) unangemessener Versorgung in der sensitiven Version und 0,43 Millionen Fälle (4,0 %) in der spezifischen Version identifiziert. Innerhalb der Abrechnungsdaten der KVen wurden für den Zeitraum von 2017 bis 2020 pro Jahr durchschnittlich 8,5 Millionen Fälle (1,6 %) unangemessener Versorgung in der sensitiven Version und 4,2 Millionen Fälle (0,8 %) in der spezifischen Version identifiziert.
Ausblick
Das Monitoring zeigt Handlungsbedarf vor allem bei Indikatoren mit hoher Fallzahl. Gleichzeitig bleibt die Aussagekraft des Monitorings eingeschränkt, da ein großer Teil der identifizierten Indikatoren aufgrund fehlender Informationen in den GKV-Routinedaten, wie insb. wie dem Diagnosedatum nicht messbar ist. Um die Aussagekraft des Monitorings zu verbessern, empfehlen wir, in § 295 Abs. 1 und 2 SGB V zu ergänzen, dass das Diagnosedatum aus den Praxisverwaltungssystemen (PVS) an die Kassenärztlichen Vereinigungen übermittelt wird.
Exemplarisch für den Indikator zu Laborkontrollen bei Schilddrüsenerkrankungen konnte anhand eines systematischen Reviews gezeigt werden, dass strukturelle Interventionen wie Entscheidungsunterstützungssysteme, z.B. über die PVS besonders wirksam sind, um die Indikationsqualität zu verbessern. Die Übertragbarkeit dieser Ansätze auf das deutsche Gesundheitssystem ist jedoch aufgrund der fehlenden Interoperabilität der PVS begrenzt und erfordert regulatorische Maßnahmen.
Weiterführende Analysen sollten die Einflussfaktoren auf potenziell unangemessene Versorgung sowohl auf der Seite der Ärzte als auch der Patienten eingehender untersuchen.
Projektlaufzeit
2020-2024
Förderung
Das Projekt war ein durch den Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G- BA) gefördertes wissenschaftliches Forschungsprojekt.
Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten des G-BA