Umfrage von Zi und KV Westfalen-Lippe zu Kosten und Nutzen ausgewählter Digitalisierungsangebote in Arzt- und Psychotherapiepraxen veröffentlicht
Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen, die in Einzelpraxen, Praxis- oder Berufsausübungsgemeinschaften tätig sind, hatten 2021 mittlere Kosten zwischen 7.000 und 15.000 Euro für die Instandhaltung und Einrichtung der IT-Infrastruktur. Die Digitalisierung der eigenen Praxis wird überwiegend als sehr kosten- und zeitintensiv beschrieben. Die Technik wird als fehlerbehaftet kritisiert. Dabei stehen die Praxen der Digitalisierung offen gegenüber. So wird das digitale Terminmanagement von vielen als besonders effizientes Tool zur zeitlichen Entlastung von Patient:innen und Praxisteams bewertet. Bei Videosprechstunden wird primär der Wegfall weiter Anfahrtswege bei einigen Patient:innen als vorteilhaft gesehen. Allerdings wirken sich mögliche Verbindungsprobleme und eingeschränkte Untersuchungsmöglichkeiten noch nachteilig auf potenzielle telemedizinische Versorgungsangebote aus. Werden sichere Messengerdienste zur Kommunikation mit Kolleg:innen verwendet, stimmt ein Großteil der Nutzenden zu, dass diese die Flexibilität beim Daten- und Informationsaustausch erhöhen.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zu „Kosten und Nutzen von Investitionen in die Digitalisierung in der vertragsärztlichen Versorgung“, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KV WL) aktuell veröffentlicht hat. Rund 300 Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen nahmen an der vom 7. März bis 30. April 2022 geschalteten Online-Befragung teil.
„Die teilnehmenden niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzte sowie die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten stehen der Digitalisierung offen gegenüber. Digitale Anwendungen müssen aber ausgereift sein, verlässlich funktionieren und sich ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand in den Praxisalltag integrieren lassen. Außerdem gibt es die digitale Arztpraxis von morgen nicht zum Nulltarif. Die Politik muss deshalb jetzt den Rahmen für eine ausreichende Finanzierung setzen. Es kann nicht sein, dass der Fokus hier nur auf den Krankenhäusern liegt. Die weit überwiegende Mehrheit der Behandlungsfälle wird von den Praxen geleistet – und das zumeist in fachübergreifender Zusammenarbeit. Rund 85 Prozent aller Patientinnen und Patienten werden von zwei und mehr Praxen pro Jahr behandelt. Deshalb fordern wir nachdrücklich ein Praxiszukunftsgesetz, das die Refinanzierung digitaler Investitionen klar und verlässlich regelt“, bekräftigten KVWL-Vorstand Thomas Müller und der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried übereinstimmend.
Knapp 15 Prozent der befragten Praxen nutzen ein Tool zum digitalen Terminmanagement. Zwei Drittel der Praxen gaben an, dass das digitale Terminmanagement als Modul im Praxisverwaltungssystem integriert ist. Ebenfalls zwei Drittel (62 Prozent) haben das digitale Terminmanagement über die Praxiswebseite integriert und ein weiteres Drittel (33 Prozent) nutzt Onlineportale wie z.B. Doctolib oder Jameda. Kürzere Wartezeiten in der Praxis, schnellere und flexiblere Terminvergabe für Patient:innen sowie weniger persönliche bzw. telefonische Terminvergaben für das Praxispersonal – das sind die größten Vorteile, die knapp 50 Prozent der Teilnehmenden hier sehen. Zudem gaben 58 Prozent an, mit dem Angebot der Online-Terminvergabe die Zufriedenheit der Patient:innen steigern zu können.
Immerhin 43 Prozent der befragten Vertragsärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen bieten in ihren Praxen eine Videosprechstunde an. In der Subgruppe der befragten Psychotherapeut:innen begrüßten knapp 85 Prozent die Anwendung von Videosprechstunden. Bei den ärztlichen Fachgruppen lag die Verbreitung lediglich bei knapp 35 Prozent. Die überwiegende Mehrheit nutzt die Videosprechstunde vereinzelt in der Woche. Größtes Potenzial sahen die Teilnehmenden vor allem im Wegfall weiter Anfahrtswege für die Patient:innen (knapp 75 Prozent) sowie für die Besprechung von Untersuchungsergebnissen (knapp 43 Prozent). Für zwei Drittel der Befragten bietet die Videosprechstunde nur eingeschränkte Untersuchungsmöglichkeiten (66 Prozent). Mehr als die Hälfte beklagte häufige Verbindungsprobleme (55 Prozent) bei der Durchführung von Videosprechstunden.
Zi-Paper „Kosten und Nutzen von Investitionen in die Digitalisierung in der vertragsärztlichen Versorgung“:
www.zi.de/fileadmin/Downloads/Service/Publikationen/Paper_26_DIP_final.pdf