Der Bundestagsausschuss für Gesundheit hat gestern im Rahmen der Änderungsanträge zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) auch über eine Anpassung des gesetzlichen Auftrags an den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 120 Abs. 3b SGB V abgestimmt. Hierzu erklärt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried:
„Leider hat der Gesundheitsausschuss gestern weithin überraschend Fakten geschaffen, die Fortschritte bei der Verbesserung der Akut- und Notfallversorgung von 73 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland erschweren. Wenn der Bundestag dem Gesetz wie erwartet morgen zustimmt, wird das politische Ziel einer verbesserten Patientensteuerung in der Notfallversorgung zur Entlastung der Notaufnahmen erst einmal deutlich geschwächt.
Wir erinnnern uns: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist seinerzeit beauftragt worden, bis zum 30. Juni 2023 Vorgaben zur Ersteinschätzung und gegebenenfalls Weiterleitung von Patientinnen und Patienten ohne sofortigen Behandlungsbedarf in die vertragsärztliche Versorgung zu beschließen. Kurz vor der absehbaren Beschlussfassung des G-BA wird die Rechtsgrundlage dafür entscheidend verändert: Künftig kann die Richtlinie eine Weiterleitung vertragsärztlich behandelbarer Hilfesuchender in Vertragsarztpraxen oder Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nicht mehr regeln.
Die Richtlinie Ersteinschätzung erhält somit alleinige Wirkung für den Zeitraum, in dem eine KV-Notdienstpraxis am jeweiligen Standort besetzt ist. Hierfür brauchte es bisher keine Richtlinie. Der eigentliche Auftrag bestand vielmehr darin, eine rechtssichere Möglichkeit für die Weiterleitung derjenigen Hilfesuchenden zu schaffen, die sich mit weniger dringlichen und in Praxen behandelbaren Anliegen tagsüber während der allgemeinen Praxisöffnungszeiten in Notaufnahmen vorstellen. Die hierdurch angestrebte Entlastung der Notaufnahmen rückt jetzt in weite Ferne. Auch die Weiterleitung in ein MVZ am Krankenhaus würde demnach entfallen.
Wie auch immer man die möglichen Erfolge der ausstehenden Notfallreform beurteilen mag, eines steht schon jetzt fest: Die Regierungskoalition hat mit den handstreichartigen Änderungen des § 120 Abs. 3b SGB V das Kind erst einmal mit dem Bade ausgeschüttet. Viele Kooperationen, die mit der Aussicht auf verbesserte Steuerung der Patientinnen und Patienten zwischen Krankenhäusern und Kassenärztlichen Vereinigungen entstanden sind, müssen sich jetzt damit auseinandersetzen, dass selbst die Option auf eine rechtssichere Weiterleitung erst einmal abgeschnitten ist.
Eigentlich müssten sich ad hoc die Leitungen der großen Notaufnahmen kritisch zu Wort melden. Aus vertragsärztlicher Sicht ist zu beklagen, dass damit eine Fehlsteuerung verstetigt wird, zu deren Lösung künftig auf die Arbeitszeit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte als Verfügungsmasse zurückgegriffen werden soll, anstatt ressourcensparende Lösungen zu ermöglichen. Das passt eigentlich nicht mehr in ein Gesundheitswesen, das absehbar unter massiven Personalengpässen in allen Bereichen leidet. Damit wird eine vorausschauende und nachhaltige Gesundheitspolitik völlig ad absurdum geführt!“
Presse-Statement zu geplanten Änderungen an der Akut- und Notfallversorgung im Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)
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Daniel Wosnitzka
Leiter Stabsstelle Kommunikation / Pressesprecher