Auch in MVZ steigender Fachkräftemangel // Ausbildungsquote in vertragsärztlicher Versorgung mit 42 Prozent zwar hoch // Quote von geeigneten Bewerbungen aber deutlich zu niedrig
Der sich weiter verschärfende Mangel an geeigneten Fachkräften prägt längst auch die ambulante medizinische Versorgung in Deutschland. Auch die rund 4.200 Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) stehen zunehmend vor großen Herausforderungen, qualifiziertes ärztliches und nichtärztliches Personal zu finden. Zwar bilden derzeit 42 Prozent der Praxen und MVZ aus. Mit dieser Quote ist die Ausbildungsbereitschaft innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung als hoch zu bewerten. Doch ein immer größeres Hindernis für die Ausbildung ist die schwierige Bewerbungslage: In fast der Hälfte der Praxen und MVZ waren im Schnitt nicht einmal die Hälfte der Bewerbungen je Ausbildungsstelle formal geeignet. In fast einem Drittel hatten die eingestellten Auszubildenden in der Regel einen geringeren als den von den Inhaber:innen und Leiter:innen erwarteten Schulabschluss „Mittlere Reife“. Bestehende Entwicklungslücken bei Soft-Skills-Faktoren wie Sozialkompetenz und Belastbarkeit müssen häufig in den Praxen während der Ausbildung geschlossen werden. Häufige Ausbildungsabbrüche verschärfen den Personalmangel und erhöhen den Aufwand in den Praxen und MVZ zusätzlich: Rund ein Drittel der ausgewerteten Praxen und MVZ sind in den Jahren 2017 bis 2021 von Ausbildungsabbrüchen betroffen gewesen. 76 Prozent der befragten MVZ schätzte die Verfügbarkeit von nichtärztlichem Personal im Jahr 2022 als schlecht bis sehr schlecht ein. Während 88 Prozent der städtischen MVZ sowie 79 Prozent der MVZ im Umland die Verfügbarkeit nichtärztlichen Personals als schlecht oder eher schlecht wahrgenommen haben, waren es nur zwei Drittel der MVZ in ländlichen Regionen.Die Verfügbarkeit ärztlichen Personals wurde von 80 Prozent der MVZ als schlecht bis sehr schlecht bewertet, wobei sich diesbezüglich keine signifikanten regionalen Unterschiede zeigen.
Das sind die zentralen Ergebnisse des Zi-MVZ-Panels, einer aktuell vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlichten Befragung von rund 3.800 teilnahmeberechtigten MVZ und ihnen gleichgestellten Einrichtungen nach §§ 95 bzw. 311 SGB V. In die Untersuchung gingen die Angaben von bundesweit insgesamt 288 MVZ ein, die im Zeitraum von Mitte Januar bis Ende Mai 2022 an der Online-Befragung des Zi teilgenommen haben. Rund 38 Prozent der teilnehmenden Einrichtungen wurden von einem Krankenhaus getragen. Vertragsarztgetragene MVZ machten 34 Prozent aus. Bei über einem Drittel der teilnehmenden MVZ liegt die Hauptbetriebsstätte in Kernstädten, 42 Prozent sind in verdichteten Kreisen und 21 Prozent in ländlichen Regionen verortet.
Ein weiterer Schwerpunkt des Zi-MVZ-Panels lag auf der Einschätzung der wirtschaftlichen Gesamtsituation. Hier zeigte sich, dass etwa die Hälfte der teilnehmenden MVZ die gesamte Einnahmenhöhe 2021 als eher gut bzw. gut bewerteten. Krankenhausgetragene MVZ schätzten den Überschuss mit 70 Prozent deutlich häufiger als eher schlecht bzw. schlecht ein als vertragsarztgetragene MVZ (56 Prozent). Unter den teilnehmenden Einrichtungen nahmen 15 Prozent Investitionen in Höhe von mehr als 50 Prozent ihres Jahresumsatzes im Jahr 2021 vor. Der Großteil investierte eher zwischen 5 und 10 Prozent des Jahresumsatzes. Neben der Investitionsquote wurde die zeitliche Entwicklung der Investitionen in den letzten drei Jahren erfragt. Insbesondere in den Bereichen IT und Telematik sowie Hygiene stiegen bei mehr als 80 Prozent der MVZ die Investitionen am häufigsten.
Bei Betrachtung des Medians lag der Überschuss je Gesellschafterin bzw. Gesellschafter bei vertragsarztgetragenen MVZ, unabhängig von der Rechtsform, bei etwa 200.000 Euro. Bei einem vertragsarztgetragenen MVZ in der Rechtsform einer GmbH lag der Wert mit 153.000 Euro recht deutlich unter dem Wert der GbR und Partnergesellschaften mit 200.000 Euro. Im Median haben Krankenhaus-MVZ einen Überschuss von 10.000 Euro je Gesellschafter und 110.000 Euro im Durchschnitt. Das erste Quartil macht einen Verlust von 76.000 Euro. Dies zeigt, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Krankenhaus-MVZ im Jahr 2021 Verluste aufwies. Im Median lagen die Aufwendungen je angestellte Ärztin bzw. Arzt im Jahr 2021 bei vertragsarztgetragenen MVZ bei 103.000 Euro und bei krankenhausgetragenen MVZ bei 122.000 Euro. Die jeweiligen Mittelwerte stimmten hingegen überein. Die MVZ-Dialysezentren berichteten im Median 241.000 Euro Personalkosten je angestellte Ärztin bzw. Arzt. Die Personalkostenquote liegt bei vertragsarztgetragenen MVZ im Durchschnitt bei 31 Prozent, bei krankenhausgetragenen MVZ bei 40 Prozent und bei Dialyse-MVZ bei 32 Prozent.
Die teilnehmenden Einrichtungen wurden ebenfalls danach befragt, ob sie 2021 Verträge zu besonderen Versorgungsformen bzw. Selektivverträge abgeschlossen hatten. 31 Prozent der MVZ nahmen im Jahr 2021 an keinen besonderen Versorgungsformen teil. Mit 22 Prozent am häufigsten, benennen die Teilnehmenden abgeschlossene Verträge zu strukturierten Behandlungsprogrammen gemäß § 137f SGB V. Im Berichtsjahr 2019 lag dieser Wert noch bei 44 Prozent, im Jahr 2017 sogar bei 56 Prozent der jeweils teilnehmenden MVZ. Verträge zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) wurden von 12 Prozent der teilnehmenden MVZ abgeschlossen. An vierter Stelle folgt mit 11 Prozent die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V, im Jahr 2019 nahmen noch 23 Prozent der MVZ daran teil.
Ziel des Zi-MVZ-Panels ist es, eine verlässliche Datengrundlage und Transparenz zu organisatorischen, versorgungsrelevanten und wirtschaftlichen Aspekten für MVZ in Deutschland zu schaffen. Die Erhebung wird von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie in der Vorbereitung durch den Bundesverband MVZ e.V. (BMVZ) unterstützt.
Der Zi-MVZ-Jahresbericht 2022und diese Medieninformation stehen zum Download bereit.