Ab heute finden bundesweite Aktionstage niedergelassener Ärztinnen und Ärzte gegen die geplante Streichung der Neupatientenregelung statt. 2019 war diese zusammen mit einer erhöhten Sprechstundenzeit im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführt worden. Sie diente als Anreiz für Arztpraxen, mehr Termine für Menschen anzubieten, die einer erstmaligen Behandlung in der Praxis bedürfen. Hierzu erklärt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried:
„Im vierten Quartal 2021 sind in den Arztpraxen in Deutschland 20 Millionen neue Patientinnen und Patienten behandelt worden. Die Anzahl der Neupatientinnen und Neupatienten ist damit zwischen dem vierten Quartal 2019 und dem vierten Quartal 2021 um 12 Prozent gestiegen. Auch der Anteil der neu Versorgten an allen Patientinnen und Patienten ist in diesem Zeitraum um 7,5 Prozent angewachsen.
Hinter diesem bloßen Zahlenwerk stehen hilfesuchende Menschen. Menschen, die häufig ganz neu erkrankt sind oder deren Erkrankung sich in letzter Zeit verschlimmert hat, weswegen sie sich schnell in fachärztliche Behandlung begeben sollten.
Ein Beispiel: Fachärztinnen und -ärzte für Orthopädie haben in den Monaten Oktober bis Dezember 2021 insgesamt 2,3 Millionen neue Patientinnen und Patienten medizinisch versorgt. 380.000 unter ihnen, also 18 Prozent, sind wegen Arthrose (Gelenkverschleiß) behandelt worden. Von diesen wiederum ist für 200.000 erstmalig die Diagnose Gelenkverschleiß gestellt worden. Das bedeutet, mehr als 50 Prozent aller Neupatientenfälle mit Arthrose hatten Beschwerden, die im Zuge der Erstvorstellung in der Praxis ganz neu diagnostiziert worden sind. Im Klartext heißt das: Wenn die Neupatientenregelung wie geplant gekippt werden sollte, steht zu befürchten, dass für rund 380.000 Patientinnen und Patienten mit Arthrose pro Quartal künftig der Erstzugang zur orthopädischen Facharztversorgung schlechter wird. Zum Vergleich: 380.000 Menschen, das entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer deutschen Großstadt wie Bochum.
Wie gelegentlich von Kassenseite behauptet, handelt es sich bei der Neupatientenregelung nicht um Bonus-Zahlungen, sondern lediglich um die Lockerung von Abrechnungsbeschränkungen. Mit diesen soll sichergestellt werden, dass Haus- und Fachärztinnen und -ärzte für Neupatientinnen und Neupatienten keine Abstriche vom Vergütungsbetrag hinnehmen müssen, der ihnen laut Gebührenordnung für ihre Behandlungsleistung eigentlich zusteht. Damit sollten die Bedingungen für den Zugang von neuen Patientinnen und Patienten zu den Praxen erleichtert werden.
Die Arbeitskraft und Ressourcen der niedergelassenen Haus- und Fachärztinnen und -ärzten sowie ihrer Praxisteams können nicht beliebig vermehrt werden und dürfen nicht weiter ausgezehrt werden. Wird der nachweisbare verbessernde Effekt des TSVG auf die zeitnahe ärztliche Behandlung von neu erkrankten Patientinnen und Patienten den gesetzlich Versicherten wieder weggenommen, werden Praxen für die Behandlung von neu Versorgten finanziell benachteiligt. Das wird unausweichlich zu einer Terminverknappung führen, die die Bevölkerung nur als GKV-Leistungskürzung wahrnehmen kann.“
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