Ärzte arbeiten überdurchschnittlich viel
Anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts zu Einkünften von niedergelassenen Ärzten aus Praxistätigkeit sagt Dr. Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi): „Das Amt liefert keine Zahlen zur Häufigkeitsverteilung. Reine Privatpraxen sind doch eine seltene Ausnahme. Außerdem wird nicht nach der Zahl der Praxisinhaber und den Fachgruppen differenziert. Je nach Fachgruppe bestehen sehr unterschiedliche Anforderungen an die Kapitalausstattung einer Praxis. Praxisgröße und Fachrichtung wirken sich also auf die Höhe der Einnahmen je Praxis aus.“.
Das Zi verweist darauf, neben den Einkünften auch die Arbeitsbelastung niedergelassener Ärzte zu berücksichtigen. „Insgesamt zeigen unsere Erhebungen eine überdurchschnittliche Arbeitsbelastung der Ärzte. Die hohe zeitliche Belastung von Ärzten in Landpraxen ist eine wichtige Ursache des Ärztemangels in ländlichen Regionen“ so von Stillfried.
Dies wollten Krankenkassen aber oft nicht wahrhaben. Deshalb hat das Zi das auf Arbeitszeitforschung spezialisierte Institut für freie Berufe der Universität Lüneburg damit beauftragt, verfügbare Vergleichszahlen zu Arbeitszeiten von niedergelassenen Ärzten auszuwerten.
Im Rahmen des Mikrozensus 2009 befragt das Statistische Bundesamt rund ein Prozent der Haushalte in der Bundesrepublik. Demnach leisten Ärztinnen und Ärzte im Alter von 45 bis 65 Jahren im Schnitt eine Wochenarbeitszeit von 50,1 Stunden. Zum Vergleich: Selbständige und abhängig Beschäftigte arbeiteten im Schnitt weniger als 40 Wochenstunden. Die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte arbeiten mehr als 50 Stunden in der Woche. Eine besonders starke Belastung zeigt sich für Ärzte ab einem Alter von 56 Jahren: Hier liegt der häufigste Wert bei 60 Stunden in der Woche.
Die Ergebnisse des Mikrozensus decken sich mit Befragungsergebnissen des Lüneburger Instituts für freie Berufe aus dem Jahre 2002. Hier zeigte sich eine mittlere Arbeitszeit in Höhe von 50,4 Wochenstunden.
Während die vorgenannten Befragungen wenige hundert Ärzte umfassen, erhebt das Zi-Praxis-Panel (ZiPP) jährlich die Angaben einiger tausend niedergelassener Ärzte. In der ZiPP-Erhebung 2011 liegt der Mittelwert für die geleistete Wochenarbeitszeit bei 49,8 Wochenstunden. „Die Vergleichszahlen aus dritter Quelle bestätigen unsere Ergebnisse“, so von Stillfried. Und weiter: „Außerdem wissen wir aus dem ZiPP, dass die niedergelassenen Ärzte von den knapp 50 Wochenstunden mehr als 38 Wochenstunden direkt für ihre Patienten zur Verfügung stehen – das ist mehr als die durchschnittliche Wochenarbeitszeit angestellter Arbeitnehmer in Deutschland. Darüber hinaus fallen in der Arztpraxis aber noch erhebliche Arbeitszeiten für Dokumentation (8 Stunden) und Praxisorganisation (rund 4 Stunden) an.“
Über die genannten Zeiten hinaus stehen Ärzte auch für Bereitschaftszeiten zur Verfügung. Außerdem sind Haus- und Kinderärzte so gut wie nie krank (1,4 Tage). Aber auch bei den Niedergelassenen ist die Arbeitsbelastung unterschiedlich. Auf dem Land arbeiten Ärzte im Durchschnitt 53 Wochenstunden. In der hausärztlichen Versorgung werden im Schnitt 52 Wochenstunden geleistet. Bei den Fachärzten arbeiten insbesondere die Internisten mit 54 Wochenstunden überdurchschnittlich viel.
„Statistiken zur Einkommenssituation der Ärzte müssen deren Arbeitszeiten berücksichtigen. Im Übrigen müssen Ärzte als Freiberufler selbst für Vorsorgeleistungen aufkommen. Wer diese Aspekte außer Acht lässt, wird durch Angaben zum Überschuss aus ärztlicher Praxistätigkeit in die Irre geführt.“ schlussfolgert von Stillfried.
<link file:198 _blank pdf>Arbeitszeiten von niedergelassenen Ärzten in Deutschland
<link file:284 _blank pdf>Jahresüberschuss und Einnahmen nach Region