Abschlusstagung des ESV-Innovationsfonds-Projekts
Ein Konsortium bestehend aus dem Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg, der Technischen Universität Berlin (TU Berlin), dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) und dem BKK Dachverband hat gemeinsam ein Konzept zur Stärkung der sektorengleichen Versorgung in Deutschland erarbeitet. Ziel ist es, sektorengleiche Leistungen, also solche, die sowohl ambulant als auch stationär erbringbar sind, unabhängig vom Ort der Behandlung gleich zu vergüten.
Deutschland gilt als eines der OECD-Länder mit einer vergleichsweise geringen Ambulantisierung. „Der Handlungsdruck, die Sektorengrenzen zu überwinden, hat aber auch hierzulande nicht nur vor dem Hintergrund von Personalengpässen immer mehr zugenommen. Mit dem vorgestellten Konzept kann das deutsche Gesundheitssystem bedarfsgerechter und effizienter ausgerichtet werden“, erklärt Prof. Dr. Jonas Schreyögg, wissenschaftlicher Direktor des HCHE.
Für die Umsetzung sieht das Konzept zwei Phasen vor: Ausgehend vom bereits bestehenden Katalog ambulant erbringbarer Prozeduren (AOP-Katalog) soll in der ersten Phase zunächst eine pragmatische Orientierung an den bestehenden stationären Fallpauschalen den schnellen Aufbau sektorengleicher Strukturen ermöglichen. Dabei werden sektorengleiche Leistungsgruppen (SLG) auf Basis des bestehenden Kostenrahmens des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), abzüglich der ausschließlich stationär anfallenden Kosten, kalkuliert und über sektorengleiche Pauschalen (SP) vergütet. Dies führt zwar wegen typischerweise höherer Kosten im Krankenhaus zu einer temporären Überfinanzierung, dient jedoch dem initialen Anreiz, sektorengleiche Strukturen schnell zu etablieren. Geplant ist zudem, innerhalb einer gesetzlich festgelegten Übergangszeit von etwa drei Jahren eine gemeinsame sektorengleiche Datengrundlage zu schaffen, um sektorengleiche Leistungen zukünftig sektorenübergreifend transparent kalkulieren und bewerten zu können.
In der zweiten Phase werden basierend auf einer einheitlichen Leistungsdefinition nach dem Baukastenprinzip flexibel zusammensetzbare sektorengleiche Leistungsgruppen (SLG) gebildet und über sektorengleiche Pauschalen (SP) vergütet.
Die Vergütung erfolgt sowohl in der ersten als auch der zweiten Umsetzungsphase unabhängig vom Ort der Behandlung, aber in Abhängigkeit der medizinischen Komplexität des Falls in zwei Stufen.
Dieses Vergütungskonzept für sektorengleiche Leistungen ist im Rahmen des durch den Innovationsfonds geförderten Projekts „Einheitliche, sektorengleiche Vergütung (ESV)“ entwickelt worden und basiert auf dem 2018 vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR Gesundheit) vorgeschlagenen Ansatz. Als Vorarbeiten für das heute vorgestellte Konzept ist ein internationaler Vergleich vorgenommen worden. Zudem sind deutsche Abrechnungsdaten analysiert und Leistungserbringer und Krankenkassen befragt worden. Leistungserbringer und Krankenkassen befürworten eine stärkere Ambulantisierung der Versorgung. Das Konzept kann hierzu einen Beitrag leisten und als politische Entscheidungsgrundlage dienen.
Das Konzept steht hier zum Download zur Verfügung.
Ergebnisse des ESV-Projekts wurden außerdem im Rahmen einer Fachtagung am 20. September 2022 in Berlin vorgestellt. Der Mitschnitt des Livestreams sowie alle Vortragsfolien können hier abgerufen werden.
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