Presse-Statement zur Diskussion um die Entbudgetierung haus- und fachärztlicher Leistungen

Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat kürzlich erneut den Wortlaut des Koalitionsvertrags von 2021 bekräftigt und die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen angekündigt. Hierzu erklärt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried:

„Die einmal mehr angekündigte Aufhebung der Budgetgrenzen im hausärztlichen Bereich ist ein wichtiger erster Schritt, auf den die Hausärztinnen und Hausärzte lange gewartet haben. Weitere konsequente Schritte zur Entlastung aller Praxen müssen nun rasch folgen – zuallererst die Entbudgetierung auch der fachärztlichen Leistungen. Die im Dezember 2023 veröffentlichte Zi-Umfrage zum Stimmungsbild in den Arztpraxen in Deutschland zeigt sehr deutlich: Es sind jetzt dringend politische Maßnahmen erforderlich, um die ambulante Versorgung für die gesetzlich Versicherten auch in Zukunft abzusichern. Ganz entscheidend ist, dass sich Ärztinnen und Ärzte mit dem Betrieb einer Praxis nicht schlechter stellen, als wenn sie zur gleichen Zeit als Angestellte arbeiten würden. Die Aufhebung der versorgungsfeindlichen Budgets ist ein erster entscheidender Schritt dazu. Und das Geld zur Finanzierung einer besseren Verfügbarkeit der Arzt- und Psychotherapiepraxen für die Bevölkerung ist da. Das weiß auch Karl Lauterbach, der vor zwei Wochen ein erstes homöopathisches ‚Maßnahmenpaket zur Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung‘ vorgelegt hat.

Allein in den ersten drei Quartalen 2023 haben die gesetzlichen Krankenkassen vor allem aufgrund der günstigen Lohnentwicklung rund 10,3 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Weniger als die Hälfte davon würde mehr als ausreichen, um eine in dem Maßnahmenpaket angekündigte aufgewertete Strukturpauschale für rund 30.000 Hausarztpraxen, eine verbesserte Jahrespauschale für die hausärztliche Versorgung chronisch kranker Patientinnen und Patienten, eine neue hausärztliche Beratungsleistung zur Hitzeberatung einzuführen und die Budgetgrenzen für alle Haus- und Facharztpraxen in Deutschland zu beseitigen. Drei Milliarden Euro würde eine solche Entbudgetierung überschlägig kosten.

Dass eine vollständige Entbudgetierung möglich ist, sieht man nicht nur an den gestiegenen Einnahmen im Jahr 2023 sondern auch daran, dass 2024 von weiteren Mehreinnahmen in Höhe von 13,5 Milliarden Euro bei konstanten Beitragssätzen ausgegangen werden kann. Auch der Anstieg der Verwaltungskosten bei den Krankenkassen kann durchaus als Effizienzreserve angesehen werden. Diese stiegen bis Ende September 2023 um 4 Prozent (450 Millionen Euro) auf über 9 Milliarden Euro an, während für die ärztliche Versorgung nur 1,1 Prozent mehr ausgegeben wurde; dies bei einer Inflationsrate von 5,9 Prozent für das Gesamtjahr 2023. Die Steigerung der Leistungsausgaben lag insgesamt bei 5,2 Prozent, die für Krankenhäuser sogar bei deutlichen 6,9 Prozent.

Die Politik hat also die Mittel dafür, die Abwanderung hochmotivierter Ärztinnen und Ärzte aus der Niederlassung zu bremsen und der drohenden Wartelistenmedizin Einhalt zu gebieten – und zwar ohne, dass die Versicherten dadurch mit höheren Beitragssätzen belastet werden müssten.

Um es ganz deutlich zu sagen: Jedes Land, jedes Gesundheitssystem bekommt die medizinische Versorgung, für die es bezahlt. Wenn die stationären Leistungen der Krankenhäuser jahrzehntelang systematisch besser bezahlt werden als die der haus- und fachärztlichen Praxen, obwohl diese in weiten Teilen vergleichbar sind, darf man sich nicht wundern, wenn die Praxisinhaberinnen und -inhaber sowie ihre Teams mit den Füßen abstimmen und sich andere Betätigungsfelder suchen. Sei es die Flucht in die privatärztliche Liquidation, sei es zu besser dotierten Positionen an Kliniken oder in der Gesundheitswirtschaft. Nimmt ein Angestellter eine höher bezahlte Stelle an und wechselt dafür den Arbeitgeber, hat man dafür volles Verständnis. Das Gleiche passiert über die Jahre auch in der ärztlichen Versorgung. Wer möchte, dass die gesetzlich Versicherten künftig wieder mehr Ärztinnen und Ärzte in den Praxen antreffen, die auch Zeit für die Anliegen der Patientinnen und Patienten haben, muss diesen Arbeitsplatz attraktiv gestalten. Die volle Bezahlung der erbrachten Leistungen ohne Abstriche ist dabei das Mindeste.“  
 

Das Presse-Statement zum Download.
 

Weitere Informationen

Daniel Wosnitzka

Leiter Stabsstelle Kommunikation / Pressesprecher