Die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung hat gestern ihre Empfehlung zur Reform der Notfall- und Akutversorgung vorgelegt. Hierzu erklärt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried:
„Das Positive vorweg: Die Kommission hebt bereits in der Präambel ausdrücklich die Bedeutung der Arztpraxen als erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem hervor. Sie trägt damit der wissenschaftlichen Evidenz Rechnung. Danach wird die Inanspruchnahme der Notfallversorgung vor allem durch die Verfügbarkeit der ärztlichen Primärversorgung und die Wegezeit zu Notaufnahmen beeinflusst. Wer vermeidbare Notfälle reduzieren will, muss demnach in die wohnortnahe haus- und fachärztliche Grundversorgung investieren.
Im Fokus der Stellungnahme steht der Rettungsdienst. Trotz eines enormen Personalaufbaus um mehr als 70 Prozent in den letzten zehn Jahren stößt dieser nun an Engpässe. Zudem weist der Rettungsdienst einen weit überproportionalen Ausgabenanstieg innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung auf. Die Aufwendungen für den Rettungsdienst machten 2022 mit 8,4 Milliarden Euro fast zehn Prozent der Ausgaben für Krankenhausbehandlungen aus. Das ist mehr als das Zehnfache dessen, was die Krankenkassen für den ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeben und etwa die Hälfte dessen, was die hausärztliche Versorgung mit rund 220 Millionen Behandlungsfällen pro Jahr erhält. Angesichts des exorbitanten Anstiegs der Fahrtkosten um 41 Prozent in vier Jahren müssen jetzt schrittweise vermeidbare Aufwendungen reduziert werden.
Dies bedeutet vor allem, den Rettungswagen künftig moderater einzusetzen. Zum Teil kann dies im Rettungsdienst durch präzisere Einschätzung, den Einsatz von Telemedizin sowie durch Hilfeleistungen vor Ort, etwa durch Gemeindenotfallsanitäter, gelingen. Zum Teil wird eine engere Abstimmung mit den vertragsärztlichen Strukturen notwendig. Diese beginnt mit der Abstimmung der Ersteinschätzung und der digitalen Integration zwischen den Rettungsleitstellen (112) und den Servicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (116117). Zudem sollten Hilfesuchende, die nicht im Krankenhaus behandelt werden müssen, direkt in geeignete Praxen gesteuert werden.
Erfreulich ist auch, dass die hierzu bereits vielerorts bestehenden und geplanten Kooperationen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen, Rettungsleitstellen und Rettungsdiensten im Kommissionskonzept anerkannt werden. Mit gemeinsamen Datenauswertungen können auch gemeinsam präventive Maßnahmen ergriffen werden, um vermeidbare Inanspruchnahmen des Rettungsdienstes zu reduzieren. Um Transporte und Steuerung von Hilfesuchenden in Praxen erfolgreich umzusetzen, müssen Voraussetzungen in § 60 SGB V geschaffen werden. Dies schließt auch ein, den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei Transporten in geeignete Praxen zu streichen. Zudem dürfte es notwendig sein, in den Landesrettungsdienstgesetzen bzw. Ausführungsverordnungen eine Differenzierung der Hilfsfristen vorzusehen.“
Das Presse-Statement zum Download.