Gemeinsame Medieninformation: Physician Assistants in Westfalen-Lippe: Modellprojekt belegt Nutzen für die ambulante Versorgung – Pionierarbeit löst weitere Initiativen aus
Physician Assistants (PA) können ein wesentlicher Stützpfeiler der ambulanten Versorgung sein – sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Das zeigen die Ergebnisse eines Modellprojektes, das die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) vor zwei Jahren gemeinsam mit der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik Rheine (EUFH) und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants e. V. (DGPA) auf den Weg gebracht hat. Das Zentralinstitut (Zi) für die kassenärztliche Versorgung stellt im jetzt vorliegenden Abschlussbericht eine Entlastung der teilnehmenden Ärzte, eine hohe Akzeptanz im Praxis-Team und bei den Patientinnen und Patienten sowie eine gute Versorgungsqualität fest. Derweil bestehen bereits weitere PA-Initiativen.
Wie können Physician Assistants effektiv in den Praxis-Alltag integriert werden? Wie stark können sie Praxisinhaber bzw. ärztliche Mitarbeitende entlasten? Welche Aufgaben sind delegierbar? Mit diesen und weiteren Fragestellungen haben sich die zehn teilnehmenden PA-Modellpraxen in Westfalen-Lippe zwei Jahre lang beschäftigt. Ihre Erkenntnisse wurden dabei vom Zi wissenschaftlich evaluiert.
Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVWL: „Der Bericht zeigt deutlich, welchen Mehrwert Physician Assistants in der ambulanten Versorgung haben. Im Schnitt haben die PAs rund 30 Prozent der Patientenkontakte übernommen. Dadurch konnten Terminwartezeiten teilweise erheblich verringert werden. Die Akzeptanz bei den Patienten ist hoch, solange sie wissen, dass am Ende ärztliche Kompetenz dahintersteckt. Die Rückmeldungen aus der Ärzteschaft sind ebenfalls positiv. Sie spüren durch den PA-Einsatz eine deutliche Entlastung und können sich intensiver um Patienten mit schweren Krankheitsverläufen kümmern. Bei den zentralen Akteuren im Gesundheitswesen herrscht inzwischen auch Einigkeit darüber, dass das Modell der Teampraxis mit ärztlichen Assistenzberufen alternativlos ist. Denn die Praxen sind voll, wir müssen die Arbeit dringend auf mehrere Schultern verteilen. Allerdings will höherqualifiziertes Personal auch angemessen bezahlt werden. Hier müssen noch tragfähige Regelungen gefunden werden, entsprechende Vorschläge liegen dazu bereits auf dem Tisch. Als KVWL fordern wir eine neue Vergütungssystematik: Entscheidend muss der Praxis-Patienten-Kontakt sein. Zudem wünschen wir uns einen Zuschlag für Teampraxen, um diese nachhaltig zu stärken.“
„Die Interviews mit Ärztinnen und Ärzten, mit PAs sowie Patientinnen und Patienten aus dem Projekt zeigen ein deutliches Muster. Durch die Delegation spezifischer Tätigkeiten an die PAs sehen Ärztinnen und Ärzte sich zeitlich entlastet und die Versorgungsqualität in den Praxen durch die Zusammenarbeit insgesamt verbessert. Die PAs ihrerseits nahmen eine hohe Akzeptanz ihrer Arbeit durch die Patientinnen und Patienten wahr. Letztere wiederum gaben an, dass die PAs einen erfahrenen und kompetenten Eindruck hinterlassen hätten und sie diese daher gerne wieder konsultieren würden“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Gleichzeitig hätten aber alle drei Seiten auch einige konkrete Verbesserungsvorschläge geäußert, so von Stillfried weiter. „Ärztinnen und Ärzte wünschten sich insbesondere eine verbesserte Regelung zur Finanzierung der Assistenz-Stellen. Die PAs forderten, dass der Studiengang die Tätigkeitsfelder in den Praxen stärker berücksichtigen müsse. Den Patientinnen und Patienten ist es wichtig, dass die Mitarbeit der PAs von den Praxisinhabern erklärt und eingeordnet wird.“ Insgesamt zeigten die Ergebnisse aber, dass unterschiedliche ärztliche Tätigkeiten erfolgreich an PAs delegiert werden können. „Die Erfahrungen des Projekts müssen sich jetzt auf breiterer Grundlage bewähren. Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen durch den demografischen Wandel, kann ein PA-Studium eine interessante Weiterentwicklung für Medizinische Fachangestellte sein und die Einbindung von PAs in die Praxen dazu beitragen, die ambulanten Versorgung insgesamt wirkungsvoll zu stärken.“
Weitere PA-Programme – Regionales Gesundheitszentrum in Gronau-Epe
Neben dem jetzt endenden PA-Modellprojekt laufen derzeit noch weitere Initiativen, den Nutzen von Physician Assistants in der ambulanten Versorgung zu belegen bzw. zu unterstützen. Die KVWL und weitere Partner prüfen im Innovationsfondsprojekt „PAAM - Physician Assistants in der Allgemeinmedizin“, ob und wie PAs ärztliche Aufgaben übernehmen können. Das Ziel: Ärzte entlasten und Teampraxen stärken.
Mindestens einen Schritt weiter ist Dr. Sebastian Gesenhues. Er gehörte mit seiner Praxis (sieben Ärztinnen und Ärzte, knapp 60 Mitarbeitende, darunter fünf PAs) nicht nur zu den zehn PA-Modellpraxen, die wertvolle Erkenntnisse für den Zi-Bericht lieferten. Der Allgemeinmediziner konnte zugleich durch ein Förderprogramm des Verbands der Ersatzkassen auch entsprechende PA-Strukturen am Zweitstandort in Gronau-Epe aufbauen. Dort übernehmen Physician Assistants nachmittags Terminsprechstunden und können bei Bedarf einen ärztlichen Rat via Telemedizin einholen.
„Die Ersatzkassen stehen für eine flächendeckende Versorgung in ganz Deutschland. Wir brauchen neue Lösungen, um die medizinische Versorgung sicherzustellen und dem Fachkräftemangel entgegenzutreten“, erklärt Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung NRW. „Wir freuen uns, in einer ländlich geprägten Region Partner gefunden zu haben, die mit uns gemeinsam neue Ideen entwickeln und umsetzen.“
Im Rahmen des vdek-Projektes „Regionaler Gesundheitspartner“ steht die Delegation ärztlicher Aufgaben im Mittelpunkt. Physician Assistants unterstützen unter anderem bei der Behandlung von chronisch Kranken und in der Akutsprechstunde. Nichtärztliche Praxisassistentinnen werden für Haus- und Pflegeheheimbesuche mit einem speziellen Telemedizinrucksack ausgestattet, über den medizinische Daten einfach in die Praxis übertragen und bei Bedarf Ärztin oder Arzt zugeschaltet werden. Außerdem koordinieren so genannte „Case und Care Manager“ als Patientenlotsen die Behandlung der Versicherten und unterstützen sie zum Beispiel bei schwerwiegenden Erkrankungen oder plötzlichem Pflegebedarf.
Weitere Informationen zum Thema PA finden Sie auf www.kvwl.de/pa
Abschlussbericht Physician Assistants im ambulanten Bereich – Modellprojekt der KVWL
Die Medieninformation zum Download.