Direkte orale Antikoagulantien (DOAK) auf dem Vormarsch – Uneinheitliches Bild bei Schlaganfall- und Blutungsrisiko
Direkte orale Antikoagulantien (DOAK) werden in Deutschland zunehmend zur Prophylaxe von Schlaganfällen und gegen Thrombosen eingesetzt. Während Vitamin-K-Antagonisten (VKA) 2010 noch 99 Prozent der verordneten oralen Antikoagulantien ausmachten, werden seit 2015 bereits mehr DOAK als VKA verschrieben. Tendenz weiter steigend. Aus Beobachtungsstudien mit unterschiedlichen Patientenstichproben liegen bislang keine einheitlichen Ergebnisse möglicher Vorteile der Wirksamkeit und Sicherheit von DOAK unter Alltagsbedingungen gegenüber dem in Deutschland eingesetztem VKA Phenprocoumon vor.
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat daher mit Daten aus der ambulanten Versorgung eine vergleichende Analyse durchgeführt und aktuell in der Zeitschrift „BMC Medicine“ publiziert. Berücksichtigt wurden alle GKV-Patienten, die in den Jahren 2011-2016 ein DOAK oder VKA zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern verordnet bekommen haben. Die Ergebnisse zeigen, dass orale Antikoagulantien differenziert betrachtet werden müssen: Insgesamt haben VKA-Patienten ein um 32 Prozent niedrigeres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, während das Risiko für eine Blutung aber um etwa 11 Prozent höher liegt als bei DOAK-Patienten.
Zwischen den DOAKs zeigen sich allerdings Unterschiede im Vergleich zu VKA-Patienten, wie ein deutlich erhöhtes relatives Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Dabigatran (+93 Prozent) oder Apixaban (+52 Prozent) und ein nur leicht erhöhtes bzw. unverändertes Schlaganfall-Risiko unter Rivaroxaban (+13 Prozent) bzw. Edoxaban. Das Blutungsrisiko dagegen stellte sich im Vergleich zu VKA-Patienten niedriger für Edoxaban (-71 Prozent), Apixaban (-29 Prozent) und Dabigatran (-15 Prozent) und sehr leicht erhöht (+3 Prozent) für Rivaroxaban dar.
„Insgesamt unterstützen die Ergebnisse die Empfehlungen, dass das individuelle Schlaganfall- und Blutungsrisiko eines Patienten ausschlaggebend für die Wahl eines oralen Antikoagulans sein sollte. Sie zeigen auch, dass eine pauschale Neueinstellung bzw. Umstellung von Patienten mit gut eingestellter VKA-Therapie nicht angezeigt ist. Vielmehr kann eine VKA-Therapie für Pateinten mit Vorhofflimmern, die in Deutschland in der ambulanten Versorgung betreut werden, von Vorteil sein“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
„Die Untersuchung des Zi erweitert die Studienlage zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern um wichtige Daten, insbesondere für Deutschland. Die Ergebnisse unterstreichen die Empfehlung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, dass die Entscheidung für einen VKA oder ein DOAK sich ebenso wie die Auswahl des DOAK nach der klinischen Gesamtsituation, Begleiterkrankungen, Komedikation und Präferenz des Patienten richten sollte. Risiken und möglicher Nutzen des Antikoagulans müssen individuell für den Patienten abgewogen werden“, so der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig.
<link https: doi.org s12916-020-01695-7 _blank link>Zi-Beitrag in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „BMC Medicine“:
Paschke LM, Klimke K, Altiner A, Stillfried D and Schulz M.:
Comparing stroke prevention therapy of direct oral anticoagulants and vitamin K antagonists in patients with atrial fibrillation: a nationwide retrospective observational study.
BMC Medicine. 2020 Aug 27. doi: 10.1186/s12916-020-01695-7
<link file:3076 _blank pdf>Die Presseinformation zum Download