2022 mit 578 Millionen gut zwei Prozent mehr Behandlungsfälle als 2021 // Starker Zuwachs bei Kinder- und Jugendärzt:innen, Hausärzt:innen und im ärztlichen Bereitschaftsdienst // Mehr telefonische Beratungen, deutlicher Rückgang bei Videosprechstunden
Die Gesamtfallzahl in der ambulanten Versorgung lag 2022 mit insgesamt 578 Millionen Behandlungsfällen um 2,2 Prozent höher als im Jahr 2021. Maßgeblich dafür war insbesondere die hohe Inanspruchnahme von vertragsärztlichen Leistungen im 1. Quartal 2022 (+12,7 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2021). Wegen dieser besonders hohen Leistungszahl sind im Vergleich dazu im 1. Quartal 2023 2,7 Prozent weniger Fälle, aber immer noch 9,6 Prozent mehr als im 1. Quartal 2021 abgerechnet worden.
Insbesondere bei den Kinder- und Jugendmediziner:innen, den Hausärzt:innen und den Psychotherapeut:innen zeigen die Abrechnungsdaten für 2022 einen deutlichen Zuwachs der Behandlungsfallzahlen. So behandelten die Hausärzt:innen rund 195 Millionen Behandlungsfälle (+3,3 Prozent) mehr als noch 2021 und die Psychotherapeut:innen 12,8 Millionen (+4,2 Prozent). Bei den Fachärzt:innen fällt der Zuwachs im Jahr 2022 gegenüber 2021 mit +0,7 Prozent deutlich geringer aus. Insgesamt wurden 2022 über 321 Millionen fachärztliche Fälle abgerechnet. Die Fachgruppe mit der stärksten Zunahme im Jahr 2022 waren die Kinder- und Jugendärzt:innen mit insgesamt 28 Millionen Fällen (+9,3 Prozent) mehr als 2021. Zu den weiteren Fachgruppen mit den deutlichen Fallzahlzunahmen im Jahresvergleich gegenüber 2021 gehörten die Neurolog:innen (+6,2 Prozent) und die Hals-Nasen-Ohrenärzt:innen (+5,7 Prozent). Die stärksten Fallzahlrückgänge ergaben sich bei den Fachärzt:innen für Nervenheilkunde (-8,8 Prozent), für Innere Medizin (-7,3 Prozent) und für Gynäkologie (-4,1 Prozent).
Bei den für die Gesundheitsprävention so wichtigen Früherkennungsuntersuchungen zeigt sich ein uneinheitliches Bild: Während diese präventiven Untersuchungen bei Kindern 2022 um 131.000 (-2,5 Prozent) im Vergleich zu 2021 abnahmen, stiegen die Fallzahlen beim Hautkrebsscreening leicht an. Hier sind 2022 insgesamt 6,8 Millionen Behandlungen abgerechnet worden. Dies war ein Plus von 95.000 Fällen (+1,4 Prozent). Das Mammographie-Screening liegt mit 2,7 Millionen Untersuchungen um 168.000 Fälle (-5,8 Prozent) unter den Ausgangswerten von 2021. Anders ist das Bild bei den Früherkennungskoloskopien: Hier gab es im vergangenen Jahr ein Fallzahlanstieg um 7.700 (+1,4 Prozent). Insgesamt wurden 2022 565.000 Früherkennungskoloskopien vorgenommen.
Das sind die zentralen Ergebnisse des heute vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlichten Trendreports zur Entwicklung der vertragsärztlichen Leistungen vom 1. Quartal 2021 bis zum 1. Quartal 2023.
„Unsere aktuelle Datenauswertung der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen zeigt eines sehr deutlich: Es sind die über 183.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie deren hoch engagierte Praxisteams, die die ambulante Versorgung weiterhin auf Hochtouren laufen lassen. Dass die Inanspruchnahme der rund 100.000 Praxen nach dem Auslaufen der Corona-Pandemie erneut um über zwei Prozent gestiegen ist, zeigt die Rückkehr zum präpandemischen Normalzustand und das Vertrauen der Bevölkerung in die medizinische Versorgung durch die Arztpraxen. Diese Entwicklung fand trotz ungünstiger Rahmenbedingungen für die Praxen statt: Unzureichende Finanzierung unterhalb der Inflationskostengrenze, hohe Bürokratielast, Gängelung durch sinnlose Regressforderungen, dysfunktionale Telematikinfrastruktur. Dies dürften die entscheidenden Stellen sein, an denen die Politik für mehr Berufszufriedenheit sorgen und damit den in Teilen gefährdeten Fortbestand der Versorgung sichern kann“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Im Bereich der antragspflichtigen Richtlinien-Psychotherapien ist es 2022 sowohl bei den Einzeltherapien als auch bei den Gruppentherapien zu Zuwächsen gekommen. So wurden 2022 insgesamt 4,2 Millionen Einzeltherapien (+1,0 Prozent im Vergleich zu 2021) und 213.000 Gruppentherapien (+38,7 Prozent im Vergleich zu 2021) in Anspruch genommen. Der Quartalsvergleich zwischen dem 1. Quartal 2023 und dem 1. Quartal 2022 weist darauf hin, dass dieser Trend auch im weiteren Verlauf anhält (Einzeltherapien: +3,0 Prozent, Gruppentherapien: +38,5 Prozent).
Die Anzahl der telefonischen Beratungen ist auch postpandemisch weiter angestiegen. Sie lag 2022 mit mehr als 8,4 Millionen Beratungen und mit einem Zuwachs von 8,5 Prozent klar über der Inanspruchnahme im Jahr 2021. Hingegen ist bei der Videosprechstunde 2022 ein deutlicher Rückgang gegenüber 2021 zu erkennen. So sind 2021 noch 3,5 Millionen Videosprechstunden in Anspruch genommen worden, während es 2022 lediglich 2,7 Millionen waren (-24 Prozent).
2022 sind insgesamt 17,6 Millionen ambulante Notfälle versorgt worden, davon 7,3 Millionen im ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) und 10,3 Millionen in den Notaufnahmen der Kliniken, davon 55 Prozent außerhalb der Praxisöffnungszeiten. Mit Beginn der Corona-Pandemie waren die Fallzahlen in der Notfallversorgung stark eingebrochen. Im Jahr 2022 resultierte daher ein deutlicher Fallzahlzuwachs von 15,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die deutlichsten Zunahmen entfielen auf das erste Halbjahr: im 1. Quartal (+28,1 Prozent) und im 2. Quartal (+19,3 Prozent). Im 4. Quartal 2022 sowie im 1. Quartal 2023 entfielen Fallzahlzuwächse insbesondere auf den ÄBD. Während die Fallzahlen in Notaufnahmen im 4. Quartal 2022 um 7,6 Prozent zunahmen, stieg die Fallzahl im ÄBD um 24,9 Prozent. Im 1. Quartal 2023 wurde insgesamt eine Fallzahlzunahme von 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal beobachtet, wobei auf den ÄBD eine Zunahme um 20,2 Prozent und auf die Notaufnahmen ein Rückgang um 4,0 Prozent entfiel. Auch die ärztlichen Besuche stiegen nach einem leichten Rückgang um 1,1 Prozent im Jahr 2022 im 1. Quartal 2023 wieder um 6,6 Prozent an.
Das Zi hatte während der COVID-19-Pandemie einen regelmäßigen Trendreport zur Veränderung der Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Versorgung während der Corona-Krise veröffentlicht. Um die Versorgung möglichst zeitnah abbilden zu können, wurden dafür Auswertungen aus den Abrechnungsfrühinformationen der Kassenärztlichen Vereinigungen verwendet. Mit dem Ausklingen der Pandemie nach dem 2. Quartal 2022 wurde dieses Format eingestellt. Der vorliegende Trendreport für die vertragsärztliche Versorgung in Deutschland ersetzt das bisherige Format und hat sich zum Ziel gesetzt, auf Basis der final geprüften bundesweiten Abrechnungsdaten auch weiterhin einen aktuellen Überblick über die Entwicklung der Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Versorgung zu geben. Der Berichtszeitraum der aktuellen Ausgabe erstreckt sich über den Zeitraum vom 1. Quartal 2021 bis zum 1. Quartal 2023.
Trendreport zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland: Tabellarischer Report für den Zeitraum vom 1. Quartal 2021 bis zum 1. Quartal 2023
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