Der Anteil des fahrenden Dienstes im ärztlichen Bereitschaftsdienst geht seit Jahren zurück. Lag dieser im Jahr 2015 noch bei insgesamt 19 Prozent der rund 8,7 Millionen Bereitschaftsdienstfälle, so waren es 2023 nur noch 12 Prozent der rund 7,7 Millionen Fälle. Der allgemeine Trend: Hausbesuche werden durch andere Angebote des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes, insbesondere durch telemedizinische Angebote und durch die Inanspruchnahme der Bereitschaftspraxen an Notaufnahmen ersetzt. Nur zu Beginn der Corona-Pandemie stieg der Anteil der Hausbesuche vorübergehend – weil die Inanspruchnahme der Bereitschaftspraxen kurzfristig stark rückläufig war. Seit Ende der Pandemie nimmt die Inanspruchnahme des ärztlichen Bereitschaftsdienstes insgesamt wieder zu, insbesondere aber in den Bereitschaftspraxen. Die absolute Zahl der Fahrdiensteinsätze ist hingegen rückläufig.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Schwerpunktauswertung, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) vor dem Hintergrund der politischen Diskussionen um die Reform der Notfallversorgung vorgenommen hat.
„Vor dem Hintergrund der begrenzten Bedeutung der Hausbesuche im Bereitschaftsdienst verwundert die im Entwurf des Notfallgesetzes geplante Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung einen aufsuchenden Dienst rund um die Uhr, also auch zu den allgemeinen Praxisöffnungszeiten, anbieten zu müssen, doch sehr“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Damit würde ein zusätzliches Angebot zur Regelversorgung geschaffen, das in Zeiten des sich immer weiter verschärfenden Fachkräftemangels personell kaum zu stemmen sein wird: „Schlimmer noch: Dadurch, dass Patientinnen und Patienten aus der Regelversorgung in ein solches zusätzliches Versorgungsangebot gelenkt würden, käme es unweigerlich zu immensen Fehlsteuerungen und damit zu einer deutlich geringeren Versorgungseffizienz“, so der Zi-Vorstandsvorsitzende weiter.
Dass hierfür ein erhebliches Potenzial bestünde, ergebe sich daraus, dass die Zahl der Patientinnen und Patienten mit einem akuten Anliegen in der Regelversorgung sehr hoch sei. Das Zi schätzt die Zahl der vertragsärztlichen Behandlungsfälle mit akuten Anliegen auf rund ein Drittel aller Behandlungsfälle, also auf rund 200 Millionen Fälle pro Jahr. „Zudem sieht der vorliegende Gesetzentwurf auch keine Maßnahmen vor, mit denen ein unkoordiniertes Nebeneinander und Doppelvorhaltung verschiedener neuer Versorgungsangebote gezielt vermieden wird. Dazu gehören der aufsuchende Dienst, erweiterte telemedizinische Angebote in der vertragsärztlichen Versorgung sowie erweiterte Aufgaben im Rettungsdienst wie Telenotarzt oder Gemeindenotfallsanitäter. Der Gesetzgeber muss an dieser Stelle nacharbeiten, damit wertvolle Ressourcen geschont werden können. Das wäre etwa der Fall, wenn im Rahmen der künftig vorgesehenen Kooperation zwischen der 116117 und der 112 regional Bedarf für einen solchen aufsuchenden Dienst gesehen und eine darauf ausgerichtete Steuerung implementiert würde.“
Der ärztliche Bereitschaftsdienst gewährleistet die ärztliche Versorgung in akuten Fällen außerhalb der Praxisöffnungszeiten. Dieser ist damit Teil des Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Vereinigungen. Alle niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen sind durch ihre vertragsärztliche Zulassung verpflichtet, am Bereitschaftsdienst mitzuwirken. Der Bereitschaftsdienst umfasst den fahrenden Dienst, der vor allem zu den Zeiten, in denen die Praxen geschlossen sind, Hausbesuche vornimmt. In einigen Ballungsräumen wird ein fahrender Dienst auch während der Praxisöffnungszeiten angeboten. Zu nennen sind darüber hinaus ärztliche Beratungen per Telefon oder Video, die seit der Pandemie in einigen Regionen stark zugenommen haben. Auch die Besetzung von rund 800 Bereitschaftspraxen bundesweit, die ganz überwiegend an ausgewählten Krankenhausstandorten angebunden und für Patientinnen und Patienten in den frühen Abendstunden sowie am Wochenende und an Feiertagen meist ganztägig geöffnet sind, ist Teil der vertragsärztlichen Mitwirkungspflichten der Niedergelassenen. Zusätzlich können die Bereitschaftsdienstordnungen fachärztliche Bereitschaftsdienste vorsehen, die den allgemeinen Bereitschaftsdienst ergänzen und oftmals in der jeweils eigenen Praxis angeboten werden.
Krankenhäuser können per Kooperationsvereinbarung in den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eingebunden sein. Darüber hinaus gilt generell, dass ambulante Behandlungen von gesetzlich Versicherten, die sich als Notfall in einer Notaufnahme vorgestellt haben, als vertragsärztliche Leistung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen sind. Die Anzahl der in den Notaufnahmen behandelten ambulanten Notfälle war bereits vor der Pandemie leicht und in der der Pandemie dann stark rückläufig. Trotz eines post-pandemischen Wiederanstiegs hat sie bis Jahresende 2023 nicht das vorpandemische Niveau erreicht.
Bildunterschrift:
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi):
Prozentualer Anteil der Notfälle im Fahrdienst an allen Notfällen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (2015-2023)
Datenbasis:
Bundesweite vertragsärztliche Abrechnungsdaten 2015-2023
Die Meldung und die Grafik zum Download.
Grafik des Monats
Oktober 2024
Bedeutung des Fahrdienstes im ärztlichen Bereitschaftsdienst nimmt weiter ab // Anteil der Notfall-Hausbesuche an allen Fällen im Bereitschaftsdienst seit 2015 von 19 auf aktuell 12 Prozent zurückgegangen // „Die in der Notfallreform geplante undifferenzierte Ausweitung des Fahrdienstes 24/7 wird zu Fehlsteuerung, Doppelvorhaltung und damit zu weniger Versorgungseffizienz führen“
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Daniel Wosnitzka
Leiter Stabsstelle Kommunikation / Pressesprecher