Die Inanspruchnahme der ambulanten Notfallversorgung hat auch im Jahr 2022 weiter zugenommen. Nach einem pandemiebedingten Rückgang zeichnete sich bereits seit Frühjahr 2021 wieder eine Zunahme bei den Notfallbehandlungen ab, die sich 2022 weiter fortsetzte. Dabei ist der Zuwachs im ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) deutlich ausgeprägter als in den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Insgesamt war 2022 im ÄBD ein Zuwachs von 1.258.573 Fällen (+22 Prozent) gegenüber dem Jahr 2021 zu verzeichnen. Im gleichen Zeitraum ist die Anzahl der ambulanten Notfälle in den Notaufnahmen lediglich um 972.382 Fälle angestiegen (+11 Prozent). Besonders ausgeprägt zeigt sich der Zuwachs im ÄBD im Dezember 2022 (+46 Prozent gegenüber Dezember 2021). In diesem Monat wurden vom ÄBD während der Bereitschaftsdienstzeit sogar mehr Notfälle versorgt als in den Notaufnahmen, die rund um die Uhr geöffnet haben.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Auswertung der vertragsärztlichen Abrechnungsdaten für den Zeitraum Januar 2021 bis Dezember 2022, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) heute veröffentlich hat.
„Die starke Zunahme der Atemwegserkrankungen in der zweiten Jahreshälfte 2022 spiegelt sich vor allem in der Inanspruchnahme des ärztlichen Bereitschaftsdienstes wider. Mit ihrem Engagement haben die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie deren Praxisteams auch die Notaufnahmen der Kliniken entlastet. Dort nahm die Fallzahl gegen Jahresende nicht vergleichbar zu. Die von uns aktuell ausgewerteten Abrechnungsdaten belegen die wichtige Rolle des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im System der Notfallversorgung. Allein im Spitzenmonat Dezember 2022 haben die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte fast 830.000 Notfälle ambulant versorgt. In den Notaufnahmen der Kliniken waren es in diesem Monat hingegen lediglich gut 770.000 Patientinnen und Patienten. Von diesen entfielen 62 Prozent, also rund 477.000 auf die Zeiten des Bereitschaftsdienstes“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Dies sei auch das Ergebnis verstärkter Initiativen der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Optimierung des Bereitschaftsdienstes, bekräftigte von Stillfried. Zu nennen seien hier insbesondere die Einrichtung von Portal- und Bereitschaftspraxen, der flächige Ausbau des fahrenden Dienstes sowie die Aktivierung der Bereitschaftsdienstnummer 116117.
„Die Inanspruchnahme der Krankenhausnotaufnahmen durch weniger schwere Fälle kann noch weiter konsequent reduziert werden. Neben dem Ausbau der Bereitschaftspraxen wird in vielen Kassenärztlichen Vereinigungen ein telemedizinischer Bereitschaftsdienst, also eine telefonische Beratung oder Videosprechstunde eingeführt. Hier sind weitere Anwendungen denkbar, um Hilfesuchende schnell und sicher zu beraten oder ihnen ein angemessenes Versorgungsangebot zu vermitteln. Zudem ist es möglich, einen großen Teil der in Notaufnahmen selbständig Hilfesuchenden während der Praxisöffnungszeiten in geeignete Praxen weiterzuleiten. Auch hier bieten Kassenärztliche Vereinigungen den Kliniken Unterstützung an. Aber diese neu geschaffenen Strukturen sind kostenintensiv und werden zu einem hohen Anteil aus den Beiträgen bezahlt, die die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte als Verwaltungskosten an die Kassenärztlichen Vereinigungen entrichten. Dies ist nicht sachgerecht und ohne adäquate Gegenfinanzierung vielerorts auch nicht aufrechtzuerhalten. Die Politik muss daher jetzt dringend bessere finanzielle Voraussetzungen für diesen vernachlässigten Teil der Notfallversorgung schaffen“, so der Zi-Vorstandsvorsitzende abschließend.
Bildunterschrift:
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi):
Entwicklung der ambulanten Notfälle im ärztlichen Bereitschaftsdienst und in den Notaufnahmen der Krankenhäuser (1. Quartal 2021 bis 4. Quartal 2022)
Datenbasis:
Vertragsärztliche Abrechnungsdaten 1. Quartal 2021 bis 4. Quartal 2022